Samstag, 2. März 2013

Bauern am Pranger



(Zitat: Heidi Driesner vom n-tv)

Derzeit sorgt ein satirisches Gedicht für helle Aufregung bei den Bauern im Norden (Deutschlands – Anm.). Es stammt aus der Feder des Kabarettisten Klaus Peter Schreiner, gar nicht mal neu, denn er hatte es schon 1979 geschrieben, aber offenbar leider immer noch so aktuell, dass es von Medien im Norden wieder mal veröffentlicht wurde. Ich will es Ihnen nicht vorenthalten:

Im Märzen der Bauer den Traktor anlässt
und spritzet sein Ackerland emsig und fest.
Kein Räuplein, kein Kräutlein dies Gift überlebt,
dem Vöglein im Wald gar das Mäglein sich hebt.


Im Sommer der Bauer die Säcklein entleert
und dünget die Früchte, von denen man zehrt.
Er weiß, wie man dünget, ja aus dem Effeff
von Bayer, von Hoechst und von BASF.


Im Herbst dankt der Bauer der Tiermedizin.
Die Milch wird nicht sauer vor Penicillin.
Die Schweine sind fettarm und lang wie noch nie,
zum Ruhm und zur Ehre der Biochemie.


Im Winter der Bauer sein Scheckbüchlein nimmt,
mit Weib und mit Kind den Mercedes erklimmt.
Er fährt in die Kreisstadt - er ist ja nicht dumm,
und kauft im Reformhaus - er weiß schon, warum.


Zu singen nach der Melodie "Im Märzen der Bauer". Schreiner hatte das mährische Volkslied aus dem 19. Jahrhundert satirisch "aktualisiert":

Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt,
er setzt seine Felder und Wiesen instand.
Er pflüget den Boden, er egget und sät
und rührt seine Hände früh morgens und spät.


Das Lied beschreibt in drei Strophen das "idyllische" bäuerliche Leben, das von Idylle so weit entfernt ist wie Putin von der Heilsarmee. Es war vielmehr harte körperliche Arbeit bei kargem Dasein. Das ist zwar nicht mehr so, aber idyllisch ist auch das heutige Landleben kaum; viele Höfe kämpfen ums Überleben. Auch meine bäuerliche Verwandtschaft hat auf dem Feld kein "gar fröhliches Lied" gesungen, sondern eher geflucht, wenn das Heu verregnet ist.

Durch das satirische Gedicht fühlten sich viele Bauern in Schleswig-Holstein in ihrer Ehre gekränkt; ein ganzer Berufszweig werde verunglimpft, hieß es. Satire darf das aber, und den Finger auf die Wunde zu legen ist mehr als notwendig. 
Zur Erinnerung: Auch Schleswig-Holstein gehört zu den Bundesländern, in denen Eier falsch deklariert und als Bio-Eier verkauft wurden.
Das ist Betrug, nicht nur an den Verbrauchern, sondern auch an den vielen Bio-Landwirten, die ehrlich arbeiten!
Und die Jacke muss sich schließlich nur der anziehen, dem sie passt. Oder, wie ein Leser in einer Zeitung die wütende Reaktion einiger Landwirte kommentierte: "Getroffene Hunde jaulen".
Tierhaltung und Feldwirtschaft sind nicht romantisch, es gibt sie nicht ohne Emissionen, ohne Ausnutzung des Bodens. Alles hat seinen Preis. Aber es geht um ein vernünftiges Maß: um weniger Emissionen, um Renaturierung, um Achtsamkeit für Lebensmittel.

Einen freundlichen März wünscht Ihnen Heidi Driesner vom n-tv.

geklaut von Harald Geyer.
Bitte um Vergebung, Frau Driesner, aber ich konnte nicht anders!

So isoliert – nur auf den Norden Deutschlands beschränkt – kann man das, fürchte ich, leider nicht sehen. Das scheint eher ein globales Problem des Bauernstandes zu sein: Wachsender Produktionsdruck bei ständig fallenden Erzeugerpreisen und steigenden Produktionskosten lassen ihnen oft keine Wahl.

:-) Ausgenommen werden können die Biobauern, von denen böse Zungen allerdings manchmal behaupten, sie seien besonders bedauernswert, weil sie nachts düngen fahren müssen… :-)

Harald Geyer

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