unorthodoxe (?) Gedanken zu
Schule und Bildung
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Ach ja: Der Text
ist geschlechtsneutral zu verstehen, daher erspare ich es mir wegen der
leichteren Lesbarkeit, von z.B. Schülern und Schülerinnen zu sprechen, oder die
hässliche Form mit dem angefügten „–Innen“ zu verwenden!
Das Wichtigste erst einmal
vorweg:
Was ist „Schule“ und was
bedeutet „Schulpflicht“?
Ich zitiere ganz einfach
einmal aus „Wikipedia“:
Die Unterrichtspflicht kann durch den Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule erfüllt werden (die öffentlichen Schultypen, die diese 9 Pflichtschuljahre abdecken, werden Pflichtschulen genannt), sowie durch die Teilnahme an einem gleichwertigen Unterricht (in Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht, im häuslichen Unterricht oder in einer im Ausland gelegenen Schule). In Österreich kann ein Kind die Unterrichtspflicht durch die Teilnahme am häuslichen Unterricht erfüllen, falls dieser jenem an einer zur Erfüllung der Schulpflicht geeigneten Schule (Pflichtschule) gleichwertig ist. Voraussetzung ist wie bei Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht die Ablegung einer Externisten-Prüfung am Ende jedes Unterrichtsjahres vor einer staatlichen Kommission, welche zu prüfen hat, ob der Lehrplan erfüllt wurde. Aus diesem Grund wird die Schulpflicht in Österreich – wie in anderen Ländern, die solche Möglichkeiten zulassen – auch als Bildungs- oder Unterrichtspflicht bezeichnet.
Die Unterrichtspflicht wurde bereits von Maria Theresia im Jahr 1774 für Österreich und die unter habsburgischer Herrschaft stehenden Länder generell eingeführt (Dauer damals: 6 Jahre).
Außerdem gibt es eine zweite Form der Schulpflicht, diejenige im Rahmen der dualen Ausbildung Lehre/Berufsschule, die den begleitenden Schulbesuch verpflichtend macht. Diese Schulen heißen berufsbildende Pflichtschule, und die Schulpflicht erstreckt sich auf die – je nach Beruf – blockweise Absolvierungen des Bildungsgangs bis zur Lehrabschlussprüfung.
So weit die Grundinformationen aus "Wikipedia".
Maria Theresia war eine offenbar sehr weise Kaiserin. Sie hat erkannt, dass ihre Untertanen nur dann ihr eigenes Glück steuern können und ihrem Staat nützen können, wenn sie das notwendige Wissen dazu haben. Lesen, schreiben und rechnen zu können, war bis dahin nur das Privileg einer finanzkräftigen Elite und der Klöster und anderer kirchlicher Institutionen, was immer mit Kosten verbunden war, die sich ein gewöhnlicher „Untertan“ damals nie leisten konnte.
Maria Theresia löste damit
das Bildungsmonopol aus der Hand der Kirche und machte daraus ein staatliches
Monopol.
Und das ist es bis heute.
Und das ist auch gut so. Unser heutiges Bildungssystem soll gewährleisten, dass
jeder junge Staatsbürger die seinen individuellen Fähigkeiten entsprechende,
bestmögliche Ausbildung erhält.
Und jetzt wird es „haarig“:
Kann der Staat das
gewährleisten?
Heute leider nicht mehr!
Ich erinnere mich, dass, als
ich noch in die Volksschule – Übungsvolksschule an der BLBA
(Bundeslehrerbildungsanstalt) in Krems – zur Schule ging, meine Eltern mir
zumindest bis zur 2. Klasse monatlich 5 Schillinge als „Schulgeld“ in die
Schule mitgaben. Später wurde das „Schulgeld“ abgeschafft. Schule war ab diesem
Zeitpunkt gratis und wurde komplett vom Staat bezahlt.
Und so ist das auch noch
heute.
Schule war damals (1956 –
1971), als ich noch zur Schule ging, so eine Sache:
Lehrer waren Halbgötter und
Gott, das war der Direktor der Schule. – Bis in die späten 70er-Jahre mussten
an manchen Schulen die Schüler, wenn der Direktor oder auch ein anderer Lehrer
den Klassenraum betraten – auch während des Unterrichtes – aufspringen und den
Eintretenden im Chor mit einem „Grüß Gott“ begrüßen! Sie mussten dann so lange
stehenbleiben, bis der die Klasse verlassen hatte, oder ihnen bedeutet wurde,
sich wieder zu setzen! – Für den Klassenlehrer natürlich unangenehm, weil er
die Schüler, die er auf ein bestimmtes Unterrichtsthema eingestimmt hatte,
erneut darauf einstimmen musste.
Mit solchen umfassenden Vollmachten ausgestattet,
setzten uns unsere Lehrer damals ganz schön unter Druck. (Auch die Lehrer standen
unter erheblichem Druck - und das bis heute: ältere Kollegen, Direktoren,
Schulaufsichtsbehörde und in zunehmendem Maße: Eltern). „Der Lehrer ist
berechtigt, jederzeit den Wissensstand seiner Schüler zu überprüfen!“, wurde
uns damals immer wieder vorgebetet.
Jederzeit – wenn er wollte!
Und wenn er nicht wollte?
Missliebige Schüler konnten
so ohne weiteres auf einen „Fünfer“ geprüft werden und fielen einfach durch,
weil sie keine Chance mehr bekamen, sich zu verbessern.
Nach einem bis zu 8 Stunden
dauernden Unterrichtstag – der Samstag war damals übrigens noch nicht
unterrichtsfrei – noch Hausübungen in drei oder mehr Unterrichtsgegenständen
erledigen zu müssen, war nicht selten und eigentlich ganz normal.
Man regte sich manchmal
darüber auf. Es half natürlich nichts, also musste man damit leben. Und wir
lebten eben damit.
Schulstress? – Damals ganz
bestimmt kein Thema! Gefragt war Leistung! Wer sie nicht brachte, geriet
gnadenlos ins Hintertreffen und blieb oft genug einfach auf der Strecke.
Gelegentlich hat die Wiederholung einer Schulstufe tatsächlich dazu geführt,
den Betroffenen dazu zu bringen, darüber nachzudenken, was er wirklich wollte.
Er stieg aus und sattelte um, oder er zog eben an.
Erinnert das nicht irgendwie
an unser heutiges berufliches Umfeld?
Das Wort „Stress“ wurde
übrigens erst sehr viel später erfunden. Wir empfanden diese Belastungen als völlig
normal und unumgänglich. Niemand – wir selbst, unsere Eltern, irgendeine
Schulbehörde und noch weniger irgendwelche Psychologen machten sich damals
irgendwelche Gedanken darüber.
Psychotherapeuten? – Damals
nur etwas für Filmschauspielerinnen und die unerfüllten Frauen der
Superreichen! – Man lächelte darüber. Kein „normaler“ Mensch brauchte so etwas!
Sieht so aus, als wären wir
damals für die heutige, moderne Zeit besser gerüstet gewesen, als unsere jüngeren
Zeitgenossen aus der jetzigen Berufswelt!
Woher kommen denn solche
Erscheinungen wie Stress, Überlastung, Burnout-Syndrom und andere heute so
häufige psychische Erkrankungen?
Wenn man von der frühesten
Kindheit an nicht daran gewöhnt wird, das Bestmögliche zu geben und es
ängstlich vermieden wird, das Kind oder den Jugendlichen Stress auszusetzen, woher
sollen sie dann Widerstandskräfte dagegen entwickeln? Woher wissen, wie man
damit umgeht?
Wer nicht gefordert wird,
fördert nichts!
Was, wenn der Chef von seinem
Lehrling oder Angestellten – für diesen völlig unverständlicherweise und
überraschend - plötzlich verlangt, anständige Arbeit in einer annehmbaren Zeit
zu leisten, wenn das vorher noch nie irgendjemand von ihm verlangt hat?
Auch wir empfanden es ganz
natürlich als angenehm und richtig, dass man später – leider erst nach unserer
Schulzeit – dem Schüler das Recht einräumte, Prüfungstermine mit den Lehrern zu
vereinbaren.
Aber wozu führt das
vielfach?
Meist wird erst kurz vor der
Prüfung gelernt. Für den nächsten Tag, den Prüfungstag, reicht das vielfach.
Aber das zu überprüfende Kapitel ist damit oft abgeschlossen und niemand fragt
einen mehr danach. Und so wird das Gelernte dann bald wieder vergessen.
Repetito est mater
studiorum!
Das Gelernte ist ohne
ständige Wiederholung nicht mehr präsent, wenn man es später wieder braucht. –
Peinlich, wenn man dann im Beruf steht und plötzlich nicht mehr weiter weiß!
Das gilt für einen
Mechaniker, der leider vergessen hat, wie ein Teil eines Motors funktioniert
ebenso, wie für einen Arzt, der leider darauf vergessen hat, auf welche
Erkrankung die Symptome seines Patienten hinweisen könnten!
Die Auswirkungen sind
allerdings etwas unterschiedlich!
Unlängst (12.3.2013) habe
ich gelesen, dass in Österreich jeder 5. Lehrling bei der Lehrabschlussprüfung
durchfällt. – Schuld daran sollen natürlich wieder die Pflichtschulen sein!
Ach ja: Der Lehrstoff wird
zunehmend immer mehr, der Schule werden immer mehr sogenannte
„Unterrichtsprinzipien" aufgehalst (Meist erzieherische Probleme, mit denen das
Elternhaus oder die Gesellschaft nicht fertig wird), die zur Verfügung stehende
Unterrichtszeit kann nicht erhöht werden, von den Schülern verlangen, während
des Unterrichts aufzupassen und mitzuarbeiten und dann noch daheim gewissenhaft
ihre Aufgaben zu machen und auch noch zu lernen und das neben Freizeitaktivitäten,
Spielen, Fernsehen, SMS, facebook, und „Abhängen“ könnte sie ja über die Gebühr
stressen. Und das wollen wir ja nicht, oder?
Im Übrigen sind Lehrer heute
mindestens 20% einer Unterrichtsstunde mit erzieherischen und vor allem disziplinären
Maßnahmen beschäftigt. So nebenbei sollten aber auch noch Inhalte und
Fertigkeiten vermittelt werden und schwächere und auch begabte Schüler – jeder
nach seinen Bedürfnissen - gefördert werden. – Eine Mammutaufgabe! – Mehrere
Lehrkräfte in einer Klasse oder in einem Klassenverband? – Fehlanzeige! Zu
teuer!
Sie glauben ja gar nicht,
wie lange es dauert, bis einer Lehrerin der 1. Schulstufe einer Volksschule es
gelingt, die Kleinen daran zu gewöhnen, während einer Unterrichtsstunde sich -
auch nur überwiegend - auf ihren Plätzen aufzuhalten! Das ist aber nur ein –
wenn auch nicht unwesentlicher – Teilerfolg. Die nächste Hürde ist, einem
Taferlklassler klarzumachen, dass er gelegentlich auch Dinge tun muss, die ihn momentan
gerade nicht „gefreuen“. Also ihn an gemeinsames oder auch einzelnes Arbeiten
zu gewöhnen und sich gelegentlich auch einmal anzustrengen. Zu akzeptieren,
dass nicht alles von vornherein „gut“ ist, was er macht, sondern dass er es
besser machen kann, wenn er es nochmals versucht und sich etwas mehr bemüht –
also: übt!
Zuerst die Arbeit, dann das
Vergnügen (oder: das Spiel)!
So hatten es uns unsere
Eltern damals beigebracht.
„Spielerisch lernen“ ist
heute ein immer wieder bemühtes Schlagwort. Klar. Das Spielen ist ein wichtiger
Faktor zum Erlernen von Fähigkeiten und Fertigkeiten, die man im täglichen
Gebrauch besitzen muss. Es ist lustbetont und unterhaltsam und nebenbei bleibt
auch noch so Manches hängen, was man später auch wieder brauchen kann.
Aber da kommt irgendwann
einmal eine Grenze.
Irgendwann einmal wird es
mühsam, „spielerisch“ das Ziel zu erreichen. Auf einmal hört sich dann das
„Spiel“ auf und schlägt in „Arbeit“ um. Und bei „Arbeit“ muss man dann eben
trotzdem daran bleiben, bis man sie ordentlich und gewissenhaft (Gibt es dieses
Wort heute eigentlich noch?) erledigt hat. Und wenn man das Erarbeitete sichern
möchte, muss man eben auch üben und lernen – auch wenn das kein spannendes und
unterhaltsames Spiel mehr ist.
Durch die Volksschule kommt
man vielleicht gerade noch mit spielerischem Lernen, obgleich ich mich
erinnere, dass ich für die Aufnahmsprüfung ins Gymnasium (1960) in Deutsch und
Mathematik wesentlich mehr können musste, als heute einem 4.-Klassler zugemutet
wird. – Und ich habe mir dieses Können sicher nicht „erspielen“ können, sondern
ich musste mich auf meinen „Hintern setzen“ und eben konzentriert lernen!
In der 5. Pflichtschulstufe
sollte dann allerdings allmählich die „Spielerei“ aufhören. Hier sollte doch
tatsächlich auch der Lehrer in der Lage sein, sich jederzeit über den
Wissensstand seiner Schüler zu informieren und das Wichtigste: Das Elternhaus
sollte ihn dabei unterstützen und nicht quertreiben und die ihm vorgesetzten
Dienststellen von der Direktion bis zur Landesschulbehörde sollte geschlossen
hinter dem Lehrer stehen. Hier sollte im Bedarfsfall echt „Druck“ gemacht
werden können!
Wir haben in Österreich eine
allgemeine Schul(Unterrichts-)pflicht. Schule ist eine staatlich bezahlte
Institution mit dem Ziel, seine jungen Staatsbürger bestmöglich auszubilden,
weil sie ja später einmal Verantwortung für unser Land übernehmen müssen –
jeder nach seinen Interessen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Möglichkeiten,.
Wer bezahlt, schafft an! – Das
ist eine uralte Maxime.
Schule ist ganz bestimmt
keine Servicestelle, wo jeder mitbestimmen darf, der glaubt, auch nur
irgendetwas davon zu verstehen! Schule ist eine von der „öffentlichen Hand“
finanzierte Institution mit dem Ziel, ihre zukünftigen Verantwortungsträger auf
die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten und keine wählerstimmenfördernde Spielwiese für karrieregeile Politiker oder experimentierfreudige, selbsternannte Erziehungs- und Bildungsexperten zusammen mit einigen notorischen Besserwissern, die hauptsächlich damit beschäftigt sind, sich anderer Leute Kopf zu zerbrechen!
Für die Schule werden Fachleute
(Lehrer) aufwändig vorbereitet. Sie wissen daher genau, "wo es lang geht“, sie sind
Spezialisten, die in Bildungs- und Erziehungsfragen gefragt werden müssen, und nicht irgendwelche Laien, die es gerade
einmal mühsam geschafft haben, ihre eigenen Kinder (und nicht 25 davon) aus dem
Schlimmsten herauszubringen und später erkennen müssen, dass sie mit dem
Produkt ihrer eigenen Erziehung nicht zurechtkommen, oder solche, die einfach mit ihrer Zeit nichts anzufangen wissen und sich daher Gedanken über Dinge machen, von denen sie eigentlich wirklich nichts verstehen!
Gebt der Schule ihren Wert
zurück!
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